Der lange Weg zur Konkordanzdemokratie

von Aram Mattioli

In einer europäisch-vergleichenden Perspektive sticht ins Auge, dass die Geschichte unseres Landes seit der Bundesstaatsgründung von 1848 durch eine bemerkenswerte staatliche Kontinuität und institutionelle Stabilität geprägt ist. Im Unterschied zu all ihren grossen Nachbarländern hat die Schweiz seit der Mitte des 19. Jahrhunderts keine Revolutionen, keine Staatsstreiche, keine Regimewechsel und keine menschenverachtende Diktatur erlebt. Diese Entwicklung ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass die Verfassungsinstitutionen und die frühe demokratische Partizipation der Bürger das Zusammenwachsen von unterschiedlichen Sprachkulturen, Milieus und Regionen beförderten, die nicht ohne weiteres zusammengehörten. Bis zur voll ausgebildeten Konkordanzdemokratie allerdings, in der politische Konflikte nicht auf „Biegen“ und „Brechen“ durchgespielt, sondern durch diskursive Kompromiss- und Ausgleichtechniken gelöst werden, verging nach 1848 mehr als ein Jahrhundert. Von Konkordanzdemokratie im engen Sinn des Wortes kann erst seit 1959: also seit der Installierung der 4-Parteien-Regierungskoalition aus FDP, CVP, SVP und SP die Rede sein.

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